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Diabetes und die Tücken bei der Behandlung

Weltweit nehmen die Fälle von Diabetes rasant zu. Im Interview erklärt uns Dr. Alexandra Mathis die Herausforderungen bei der Behandlung der Krankheit.
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Frau Dr. Mathis, wie entwickeln sich die Zahlen bei Diabetes?

Berichte der WHO zeigen einen deutlichen Anstieg der Gesamtzahl der Menschen mit Diabetes weltweit. In der Schweizer Bevölkerung lag die Prävalenz für Diabetes 2017 bei 4.4% (310’000 Personen), Heute liegt die Prävalenz wahrscheinlich bereits bei über 5%, Tendenz weiter steigend. Ein wahrscheinlich ebenso grosser Anteil ist dabei noch unerkannt.


Was sind die Ursachen für eine Diabetes Erkrankung?

Nebst einer genetischen Veranlagung führt oft ein gesundheitsschädlicher Lifestyle mit wenig Bewegung und hochkalorischer Ernährung zur Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2.


Wie kann man Diabetes am besten therapieren?

Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist das Empowerment der Patientinnen und Patienten, deren Motivation zur Lifestyleadaption sowie ihre Therapieadhärenz. Die Betreuung erfolgt durch ein interprofessionelles Team aus Hausärzt*innen, Spezialärzt*innen Diabetologie, Ernährungs- und Diabetesberatung, Ophthalmologie, Angiologie, Kardiologie etc. Hier ist ein regelmässiger Informationsaustausch entscheidend.


Wo liegen die Stolpersteine?

Eine grosse Herausforderung für Menschen mit Diabetes stellt die Umsetzung der Therapie im täglichen Leben dar, hier insbesondere die Anpassungen im Verhalten (Lifestyle) sowie die Einhaltung der regelmässigen Kontrollen. Während für die Bewegung und die gesunde Ernährung oft die Zeit oder Motivation fehlt, geht nicht selten die Medikamenteneinnahme vergessen oder die Therapie wird aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen.


Was macht die Diagnose mit dem Leben der Betroffenen?

Die Diagnose einer chronischen Erkrankung zu erhalten und das Wissen über mögliche Spätkomplikationen ist für die Betroffenen und deren Angehörigen belastend. Sollten regelmässig Medikamente eingenommen oder gar Insulin gespritzt werden geht dies zu Lasten der Spontanität. Die Veränderung des Lifestyles betrifft in der Regel die ganze Familie, was kurz- und mittelfristig für alle Beteiligten sehr fordernd und anstrengend sein kann, sich längerfristig meistens aber positiv auf die Gesundheit der ganzen Familie auswirkt.


Gibt es auch Probleme von ärztlicher Seite?

Ja, eine unkomplizierte Vernetzung interdisziplinär und interprofessionell sowie eine ausreichende Schulung der Patient*innen ist oft nicht vorhanden. Der*die Diabetolog*in hat oft keine Kenntnis von z.B. der letzten augenärztlichen Untersuchung, dem*der orthopädischen Schuhmachermeister*in fehlt für die Diabetesschuhe die nötige Verordnung. Der Einfluss von Bewegung, Essen und Stress auf die Blutzuckerwerte ist für den*die Betroffene nicht immer offensichtlich. Die Empfehlung für eine Verhaltensanpassung geschieht oft nicht sofort, sondern verzögert anlässlich der Konsultation durch Experten. Dies führt zu einer schlechteren Blutzuckerkontrolle.


Was passiert mit einem schlecht kontrollierten Diabetes?

Bei unzureichender Blutzuckerstoffwechselkontrolle drohen langfristig Schäden bei der Durchblutung von mikroskopisch kleinen Gefässen z.B. im Auge oder auch bei grösseren Gefässen wie etwa beim Herz. Dies führt zu Folgeerkrankungen, die die Lebensqualität der von Diabetes betroffenen Personen massiv einschränken können.


Haben alle Patienten das Risiko, solche Folgeerkrankungen zu entwickeln?

Das Risiko dieser Komplikation steigt zusätzlich, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen. Dazu gehören ein zu hoher Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, Übergewicht oder Nikotinkonsum. Bei der Evaluation der medikamentösen Therapie sind zudem verschiedene Faktoren wie Alter, sonstige Erkrankungen, bisherige Therapien und deren Erfolg oder Misserfolg sowie die Lebensumstände zu beachten. So kann diesen Komplikationen am besten vorgebeugt werden.


Was tun Sie sonst noch, um all diesen Problemen vorzubeugen?

Bisher haben wir mittels regelmässiger Schulungen bei der Ernährungs- und Diabetesberatung, neuerdings auch bei speziell ausgebildeten medizinischen Praxiskoordinator*innen, mit Bewegungsgruppen und analogen Hilfsmitteln wie Informationsbroschüren das Wissen an die Patienten übermittelt. Diese analogen Hilfsmittel sind aber oft wenn der*die Betroffene sie bräuchten nicht zur Hand.


Was erwarten Sie von smart digital solutions für Diabetespatient*innen?

Effizientere und effektivere, an das Individuum besser angepasste Wege, die oben beschriebenen Herausforderungen im Alltag zu lösen. Zudem braucht es für eine optimale Betreuung der Betroffenen, innovative Lösungen um einen nahtlosen Austausch interdisziplinär (Fachärzt*innen) sowie auch interprofessionell (Ärzt*innen mit allen anderen Betreuer*innen) zu gewährleisten.